Von Erwartungen und Enttäuschungen.
Nein, es geht jetzt nicht um die Liebe, nicht mal im weitesten Sinne.
Aber, es geht um glücklich und zufrieden sein. Um zu viel erwarten
und enttäuscht werden. Es geht um mein Studium.
Dass ich studiere dürfte das ein oder
andere Mal erwähnt worden sein, was ich studiere nicht. Aber das ist
natürlich kein Geheimnis: Germanistische und Allgemeine
Literaturwissenschaften und English Studies, nicht auf Lehramt. Wie
ich dazu komme? Was ich damit machen will? Dazu später
mehr.
Als ich noch zur Schule ging, habe ich
mich wahnsinnig auf die Uni und auf das Studieren gefreut, endlich
machen was mir Spaß macht, endlich nur noch die Fächer, die ich
wirklich will und brauche. Zunächst war der Plan ein anderer, ich
wollte nicht hier bleiben, ich wollte nach Dublin. In meine
Traumstadt, an meine Traum-Uni um meine Träume zu leben. Bei dem
Vorhaben hat mir leider das Geld einen Strich durch die Rechnung
gemacht, aber die Aussicht auf ein Auslandssemester hat mich
getröstet.
Also, kein Dublin, was waren die Alternativen? Ich bin da jetzt ehrlich, eigentlich wollte ich nur Dublin, ich hatte mir keine Gedanken darum gemacht wo ich noch hinkönnte, und danach wollte ich auch nicht mehr weg. Habe mich zur Sicherheit in Bonn schnell online eingeschrieben und mich hier in Aachen beworben. Ständig darum gezittert hier genommen zu werden, obwohl mein Durchschnitt etwas unter dem NC lag, aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben. Als eine gute Freundin den Zulassungsbescheid bekam, habe ich mich mit ihr gefreut, immer noch in der Hoffnung auch genommen worden zu sein. Verzweifelt habe ich mehrfach am Tag den Briefkasten kontrolliert und nachts mein Schicksal beweint. Woher sollte ich denn auch wissen, dass Zulassungsbescheide per Mail kommen? Nur durch Zufall habe ich das Mitte August entdeckt. Ich konnte hier bleiben, mich für beide Fächer einschreiben. Endlich machen wovon ich so lange geträumt hatte. Endlich niemand mehr, der mich zwingt im Unterricht was zu sagen. Endlich Dinge lernen, die interessant sind, die ich später brauchen kann. Endlich lesen bis zum umfallen, und nicht nur all die verstaubten, mehrere hundert Jahre alten Schinken, sondern auch neue Literatur. Endlich nicht mehr über die Intention des Autors sprechen. Das war meine Vorstellung. Ich bin schon immer eine extrem begeisterte Leserin gewesen, aber auch schon immer sehr still. Also dachte ich ist ein Literaturstudium ideal für mich. Und dann auch noch englische Literatur, das musste der Himmel sein.
Doch ich bin ziemlich schnell, ziemlich
hart auf den Boden der Realität geprallt. Ich dachte, ich würde
lesen und schreiben können. Ich dachte, da wären Leute, die mich
bei beidem unterstützen. Pustekuchen. Geschrieben habe ich nicht
mehr als Notizen in Vorlesungen und die Stichworte in meinen
Klausuren. Ja, Stichworte. Mehr wird nicht verlangt. Ich wollte in
den ersten beiden Semestern einen Kurs für kreatives Schreiben
belegen, nicht verpflichtend, doch da hat mir eine
Pflichtveranstaltung einen Strich durch die Rechnung gemacht, zwei Mal
in Folge. Wir haben gelesen und so oft über die Intention des Autors
gesprochen, dass es mir zu den Ohren herauskam. Jedes Seminar
beschränkte sich lediglich auf einen Autor, wie sollte man so
Vergleiche ziehen? Was bringt es mir wenn ich so am Ende sechs oder
zwölf Autoren in und auswendig kenne?
In Englisch kam es noch schlimmer,
während mir dort die angebotenen Literaturveranstaltungen wesentlich
mehr zusagten, kam aber dort die Sprachwissenschaft und diverse
Grammatikkurse dazu. Ich kann mit der Sprachwissenschaft nichts
anfangen, mich interessiert die Lautschrift nicht, mich interessiert
nicht wo welcher Ton gebildet wird und erst Recht will ich es nicht
auswendig lernen müssen. Das war die erste Klausur, die ich nicht
bestanden habe. Ich habe nach dem ersten Semester in allen Klausuren
mir nur ein 'Bestanden', eine 4,0 gewünscht, ich wollte da nicht
noch mal durch. Tja, das Leben ist kein Wunschkonzert: auch meine
erste Hausarbeit, da musste ich tatsächlich was schreiben, bekam ich
als nicht bestanden zurück. Lächerlich war der Grund dafür. Die
erste Seite hatte laut dem Dozenten zu viele Zeichensetzungsfehler, einige nur durch
falsches Lesen, darum hat er sich geweigert weiter
zu lesen. Zum Inhalt konnte er mir nichts sagen.
Seitdem ich studiere schreibe ich nicht
mehr viel, vorher habe ich begeistert Kurzgeschichten und andere
Texte geschrieben. Seitdem ich studiere bin ich nicht mehr kreativ.
Mir fehlen oft die richtigen Worte. In Englisch konnte man mich
früher nach jeder Vokabel fragen, ich war das wandelnde Wörterbuch,
heute fällt mir vieles mangels Übung einfach nicht mehr ein. Ich
will schreiben und ich will lesen. In beiden Sprachen. Ich kann
Englisch sprechen, und das wissen auch die Dozenten, denn zu den
Stichworten in den Klausuren kamen auch mehrere mündliche Prüfungen.
Aber schreiben kann ich nicht mehr. Und außer in Hausarbeiten
fordert es ja auch niemand.
Ich will gerne irgendwann mein Geld mit Schreiben verdienen. Erstmal mit Übersetzen. Das ist mein Ziel, Diplom-Übersetzerin. Und das dürfte nochmals verdeutlichen warum ich die Sprachwissenschaft für mich als unwichtig, überflüssig erachte. Es hat für mich keinen Nutzen, darum will es nicht in meinen Kopf. Meine Träume sind natürlich weitaus größer als nur Übersetzerin sein, aber das ist eine Etappe auf der langen Strecke meinen Lebenstraum zu erfüllen. Und ich bin es leid, dass mir immer mehr Steine in den Weg gelegt werden. Zwei Semester eine weitere Fremdsprache belegen, Rhetorik-Seminar plus Prüfungsvortrag, für Leute, die Lehrer werden wollen ja ganz nützlich, aber für mich? Dann noch mindestens eine interdisziplinäre Veranstaltung belegen, mit Klausur. Und natürlich das Auslandssemester, dass ich hier wiederholen muss. Es ist zu viel, zu unnütz, für mich nicht nachvollziehbar.
Ich dachte, ich würde glücklich
werden, oder wenigstens zufriedener. Ich habe Spaß am Lernen
erwartet, endlich Nachvollziehbarkeit der Lerninhalte. Nichts davon
ist passiert. Nichts von dem was ich jetzt tue, erfüllt oder
inspiriert mich. Es ist mittlerweile ein ständiger Kampf mit mir
selbst, stehe ich auf? Gehe ich hin? Warum habe ich nur zwei
Fehltermine? Und warum sind diese schon nach wenigen Wochen
aufgebraucht? Und wo zur Hölle ist meine Motivation?
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